Geschichte Das traditionell überbevölkerte Italien benötigte seit Mitte des 19. Jahrhunderts dringend koloniale Gebiete zur Entlastung des Mutterlandes. Darüber hinaus erhoffte man sich in Rom selbstverständlich auch ein gesteigertes Prestige in der Welt, und glaubte an einen einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung. Da Italien aber erst sehr spät geeint wurde, gab es kaum noch frei kolonialisierbare Flecken in Afrika, als Italien in den kolonialen Wettlauf einstieg. So musste man sich vorerst mit wirtschaftlich und finanziell unerträglichen Gebieten am Horn von Afrika begnügen. Bis 1911 hatten sich die ökonomischen und sozialen Probleme in Italien noch verschärft, und die Rufe nach kolonialer Expansion wurden lauter. Da es keine freien Flecken mehr in Afrika gab erwählte man das zum Osmanischen Reich gehörende Libyen aus. Das einstmals so großartige Reich galt als "Kranker Mann am Bosporus", hatte mit inneren Unruhen zu kämpfen und war militärisch schwach und rückständig. Außerdem besaß das Osmanische Reich keine Landverbindung zu seinen nordafrikanischen Besitzungen, da Ägypten von den Briten kontrolliert wurde.
Am 26. September 1911 kam es daher zu einem plump formulierten Ultimatum, welches die sofortige Abtretung der drei libyschen Provinzen Kyrenaika und Tripolitanien forderte. Da das Türkische Reich ohne Verbündete in Europa dastand konnte es sich die italienische Regierung erlauben schon am 29. September eine offizielle Kriegserklärung zu übermitteln, nachdem der Sultan das Ultimatum ausgeschlagen hatte. Die italienische Armee zeigte sich im Italienisch-Türkischen Krieg von ihrer schlechtesten Seite, doch konnte nach einjährigem Kampf ein Sieg über die Türken errungen werden. Fortan gehörten die drei libyschen Provinzen Kyrenaika, Fessan und Tripolitanien zwar formal zum italienischen Kolonialreich, doch erstreckte sich der Herrschaftsgebiet der Kolonialherren nicht ins Landesinnere, und konzentrierte sich lediglich auf die Küstengebiete. Es dauerte 20 Jahre lang, bis der Widerstand der arabischen Nomadenvölker gebrochen war. Im Januar 1932 wurde feierlich die Befriedigung Libyens bekanntgegeben. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits über 50.000 Araber in italienischen Konzentrationslagern in der Wüste gestorben, und ebenso viele waren noch in ihnen interniert.
Administrative Gliederung Am 1. Januar 1935 wurden die besetzten Provinzen Tripolitanien, Fessan und Kyrenaika zur Kolonie "Italienisch-Libyen" vereinigt. Seit 1934 gilt Libyen als offizielle italienische Kolonie, Generalgouverneur ist Italo Balbo.
Bevölkerung Die 100.000 italienischen Siedler stellen etwa 13% der Gesamtbevölkerung dar, und konzentriert sich um Tripolis und Bengasi. Dort stellt sie sogar 37% bzw. 31% der Bevölkerung. Die Zahl der Araber wird offiziell auf 740.000 festgesetzt, nicht unerheblich ist auch die große Anzahl von Juden, die in Libyen lebt. Ihre Zahl wird auf 38.000 geschätzt. Es gibt Pläne die italienische Bevölkerung bis in die 1960er Jahre auf eine halbe Million Siedler zu bringen. Allein im Jahr 1938 siedelten sich rund 20.000 neue Kolonialisten in Libyen an, und gründeten 26 neue Dörfer. Jedes dieser Dörfer besitzt eine Moschee, ein Gemeindezentrum mit Turnhalle und Kino, sowie ein kleines Krankenhaus.
Wirtschaftlicher Ertrag Die Hauptexportgüter Libyens sind Erdöl, Gas und verschiedene Früchte, vornehmlich Datteln. Der Tourismus ist im Land sehr ausgeprägt, was vor allem auf die umfangreichen Ausgrabungen antiker Städte aus dem Wüstensand zurückzuführen ist.
Erschließung Die Länge der neuen Eisenbahnstrecken liegt bei etwa 400 Kilometern, außerdem wurden fast 4.000 Kilometer neue Straßen gebaut. Die längste und berühmteste Straße ist die "Via Balbo" (Benannt nach Generalgouverneur Italo Balbo), eine 1.822 Kilometer lange Straße entlang der libyschen Küste. Sie verbindet Tripolis im westlichen Tripolitanien mit Tobruk in der östlichen Kyrenaika und ist vollständig asphaltiert. Strategisch ist die Straße sehr wichtig, da über sie schnell Truppen von Ost nach West oder umgekehrt verlegt werden können. Von Anfang an wurde die "Via Balbo" als Heerestraße konzipiert. Ihre Bedeutung ist so groß, dass Benito Mussolini sie bei seinem Staatsbesuch im März 1937 besichtigte.
Es gibt weitere Pläne zur Erschließung von neuem Ackerland in Küstennähe, allerdings weitestgehend durch italienische Siedler. Außerdem werden neue Fabriken und Betriebe zur Herstellung und Weiterverarbeitung von Elektrotechnik, Nahrungsmitteln und Wasserpflanzen errichtet, ebenso Brauereien, Brennereien, Keksfabriken, Tabakfabriken, Traktorenwerke, Sprengstofffabriken, Eisenbahnwerkstätten, Gerbereien, Bäckereien, Kalk-, Ziegel- und Zementwerke und Sägewerke. Fiat betreibt ein Motorenwerk im Land.