Verfassung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken von 1936
[french]bestätigt durch den VIII. außerordentlichen Sowjetkongreß der UdSSR[/french]
Kapitel 1 - Der Gesellschaftsaufbau
Artikel 1. Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ist ein Sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern.
Artikel 2. Die politische Grundlage der UdSSR bilden die Sowjets der Deputierten der Werktätigen, die im Ergebnis des Sturzes der Macht der Gutsbesitzer und Kapitalisten und der Eroberung der Diktatur des Proletariats gewachsen und erstarkt sind.
Artikel 3. Alle Macht in der UdSSR gehört den Werktätigen in Stadt und Land in Gestalt der Sowjets der Deputierten der Werktätigen.
Artikel 4. Die ökonomische Grundlage der UdSSR bilden das sozialistische Wirtschaftssystem und das sozialistische Eigentum an den Produktionsinstrumenten und -mitteln, gewachsen und erstarkt im Ergebnis der Beseitigung des kapitalistischen Wirtschaftssystems, der Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsinstrumenten und -mitteln und der Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen.
Artikel 5. Das sozialistische Eigentum in der UdSSR hat entweder die Form von Staatseigentum (Gemeingut des Volkes) oder die Form von genossenschaftlich-kolletivwirtschaftlichem Eigentum (Eigentum einzelner Kollektivwirtschaften, Eigentum genossenschaftlicher Vereinigungen).
Artikel 6. Der Boden, seine Schätze, die Gewässer, die Wälder, die Werke, die Fabriken, die Gruben, die Bergwerke, der Eisenbahn-, Wasser- und Lufttransport, die Banken, das Post- und Fernmeldewesen, die vom Staat organisierten landwirtschaftlichen Großbetriebe (Sowjetwirtschaften, Maschinen-Traktoren-Stationen und dergleichen) sowie die Kommunalbetriebe und der Wohnungsgrundfonds in den Städten und Industrieorten sind staatliches Eigentum, das heißt Gemeingut des Volkes.
Artikel 7. Die gesellschaftlichen Betriebe in den Kollektivwirtschaften und den genossenschaftlichen Organisationen mit ihrem lebenden und toten Inventar, die Erzeugnisse der Kollektivwirtschaften und der genossenschaftlichen Organisationen ebenso wie ihre gesellschaftlichen Baulichkeiten bilden das gesellschaftliche sozialistische Eigentum der Kollektivwirtschaften und der genossenschaftlichen Organisationen.
Jeder Kolchosbauernhaushalt hat außer dem Grundeinkommen aus der gesellschaftlichen kollektiven Wirtschaft ein kleineres Stück Hofland in persönlicher Nutzung und als persönliches Eigentum eine Nebenwirtschaft auf dem Hofland, ein Wohnhaus, Nutzvieh, Geflügel und landwirtschaftliches Kleininventar - entsprechend dem Statut des landwirtschaftlichen Artels (Kollektivwirtschaft).
Artikel 8. Der Boden, den die Kollektivwirtschaften innehaben, wird ihnen zu unentgeltlicher und unbefristeter Nutzung, das heißt für ewig, zuerkannt.
Artikel 9. Neben dem sozialistischen Wirtschaftssystems, der in der UdSSR herrschenden Wirtschaftsform, ist die auf persönlicher Arbeit beruhende und die Ausbeutung fremder Arbeit ausschließende kleine Privatwirtschaft von Einzelbauern und Gewerbetreibenden gesetzlich zugelassen.
Artikel 10. Das Recht des persönlichen Eigentums der Bürger an ihren selbsterarbeiteten Einkünften und Ersparnissen, am Wohnhaus und an der häuslichen Nebenwirtschaft, an den Gegenständen der Hauswirtschaft und des Haushalts, an Gegenständen des persönlichen Bedarfs und Komforts ebenso wie das Erbrecht am persönlichen Eigentum der Bürger werden durch das Gesetz geschützt.
Artikel 11. Das Wirtschaftsleben der UdSSR wird durch den staatlichen Volkswirtschaftsplan im Interesse der Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums, der stetigen Hebung des materiellen und kulturellen Niveaus der Werktätigen, der Festigung der Unabhängigkeit der UdSSR und der Stärkung ihrer Verteidigungsfähigkeit bestimmt und gelenkt.
Artikel 12. Die Arbeit ist in der UdSSR Pflicht und eine Sache der Ehre eines jeden arbeitsfähigen Bürgers nach dem Grundsatz: "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen".
In der UdSSR gilt der Grundsatz des Sozialismus: "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung".
Kapitel 2 - Der Staatsaufbau
Artikel 13. Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ist ein Unionsstaat, der auf der Grundlage der freiwilligen Vereinigung gleichberechtigter sozialistischer Sowjetrepubliken gebildet wurde: der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik; der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik; der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik; der Usbekischen Sozialistischen Sowjetrepublik; der Kasachischen Sozialistischen Sowjetrepublik; der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik; der Aserbaidshanischen Sozialistischen Sowjetrepublik; der Kirgisischen Sozialistischen Sowjetrepublik; der Tadshikischen Sozialistischen Sowjetrepublik; der Armenischen Sozialistischen Sowjetrepublik; der Turkmenischen Sozialistischen Sowjetrepublik.
Artikel 14. Zur Kompetenz der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in Gestalt ihrer höchsten Organe der Staatsgewalt und der Organe der Staatsverwaltung gehören: a) die Vertretung der UdSSR im internationalen Verkehr, der Abschluß und die Ratifizierung von Verträgen mit anderen Staaten; b) die Fragen von Krieg und Frieden; c) die Aufnahme neuer Republiken in die UdSSR; d) die Kontrolle über die Durchführung der Verfassung der UdSSR und die Gewährleistung der Übereinstimmung der Verfassung der Unionsrepubliken mit der Verfassung der UdSSR. e) die Bestätigung von Grenzänderungen zwischen den Unionsrepubliken; f) die Bestätigung der Bildung neuer Autonomer Republiken in den Unionsrepubliken; g) die Organisation der Verteidigung der UdSSR, die Leitung der Roten Armee der Arbeiter und Bauern; h) der Außenhandel auf der Grundlage des Staatsmonopols; i) der Schutz der staatlichen Sicherheit; j) die Aufstellung der Volkswirtschaftspläne der UdSSR; k) die Bestätigung des einheitlichen Staatshaushaltsplanes der UdSSR sowie der Steuern und Einkünfte, die dem Unionshaushalt, den Republik- und örtlichen Haushalten zugeführt werden; l) die Leitung der Banken, industriellen und landwirtschaftlichen Institutionen und Betriebe sowie der Handelsunternehmungen, die den Unionsorganen unterstellt sind; m) die Leitung des Verkehrswesens und des Post- und Fernmeldewesens; n) die Leitung des Währungs- und Kreditsystems; o) die Organisation der staatlichen Versicherung; p) die Aufnahme und Gewährung von Anleihen; q) die Festlegung der Grundsätze für die Bodennutzung sowie für die Nutzung der Bodenschätze, der Wälder und der Gewässer; r) die Festlegung der Grundsätze auf dem Gebiet des Bildungswesens und des Gesundheitsschutzes; s) die Organisation eines einheitlichen Systems der volkswirtschaftlichen Rechnungsführung; t) die Festlegung der Grundlagen der Arbeitsgesetzgebung; u) die Gesetzgebung über die Gerichtsverfassung und die Rechtspflege sowie die Zivil- und Strafgesetzgebung; v) die Gesetze über die Staatsbürgerschaft der UdSSR; die Gesetze über die Rechte von Ausländern; w) der Erlaß von Amnestien für den Gesamtbereich der UdSSR.
Artikel 15. Die Souveränität der Unionsrepubliken ist nur durch die in Artikel 14 der Verfassung der UdSSR angegebenen Grenzen beschränkt. Darüber hinaus übt jede Unionsrepublik die Staatsgewalt selbständig aus. Die UdSSR schützt die Souveränitätsrechte der Unionsrepubliken.
Artikel 16. Jede Unionsrepublik hat ihre Verfassung, die den Besonderheiten der Republik Rechnung trägt und mit der Verfassung der UdSSR voll übereinstimmt.
Artikel 17. Jeder Unionsrepublik bleibt das Recht auf freien Austritt aus der UdSSR gewahrt.
Artikel 18. Das Territorium der Unionsrepubliken kann ohne ihre Zustimmung nicht geändert werden.
Artikel 22.Die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik besteht aus den Gauen (Kraj): Altai, Ferner Osten, Krasnodar, Krasnojarsk, Man; den Gebieten (Oblasti): Archangelsk, Wologda, Woronesh, Gorki, Iwanowo, Irkutsk, Kalinin, Kirow, Samara, Kursk, Leningrad, Moskau, Murmansk, Nowosibirsk, Omsk, Orenburg, Orel, Rostow, Rjasan, Saratow, Swerdlowsk, Smolensk, Stalingrad, Tambow, Tula, Tscheljabinsk, Tschita, Jaroslawl; den Autonomen Sozialistischen Sowjetrepubliken: der Tatarischen, der Baschkirischen, der Daghestanischen, der Burjat-Mongolischen, der Kabardinisch-Balkarischen, der Kalmyckischen, der Karelischen, der der Komi, der der Krim, der Marijischen, der Mordwinischen, der Wolgadeutschen, der Nord-Ossetischen, der Udmurtischen, der Tschetschenisch-Inguschischen, der Tschuwaschischen, der Jakutischen; den Autonomen Gebieten: dem Adygejischen, dem Jüdischen, dem Karatschajischen, dem Oirotischen, dem Chakassischen, dem Tscherkessischen.
Artikel 23. Die Ukrainische Sozialistischen Sowjetrepublik besteht aus den Gebieten: Winniza, Woroschilowgrad, Dnjepropetrowsk, Shitomir, Kamenez-Podolsk, Kiew, Nikolajew, Odessa, Poltawa, Stalino, Charkow, Tschernigow und der Moldauischen Autonome Sozialistische Sowjetrepublik.
Artikel 24. Im Verband der Aserbaidshanischen Sozialistischen Sowjetrepublik bestehen: die Nachitschewanische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik und das Nagorno-Karabacher Autonome Gebiet.
Artikel 25. Im Verband der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik bestehen: die Abchasische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik, die Adsharische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik und das Süd-Ossetische Autonome Gebiet.
Artikel 26. Die Usbekische Sozialistischen Sowjetrepublik besteht aus den Gebieten: Buchara, Samarkand und Taschkent, Fergana, Choresm und aus der Karkalpakischen Autonome Sozialistische Sowjetrepublik.
Artikel 27. In der Tadschikischen Sozialistischen Sowjetrepublik besteht das Gorno-Badachschanischen Autonomen Gebiet.
Artikel 28. Die Kasachische Sozialistische Sowjetrepublik besteht aus den Gebieten; Akmolinsk, Alma-Ata, Ost-Kasachstan, Gurjew, West-Kasachstan, Karaganda, Kysl-Orda, Kustanaj, Pawlodar, Nord-Kasachstan, Süd-Kasachstan.
Artikel 29. Die Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik besteht aus den Gebieten: Witebsk, Gomel, Minsk, Mogliew, Polessje.
Kapitel 3 - Die höchsten Organe der Staatsgewalt der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
Artikel 30. Höchstes Organ der Staatsgewalt der UdSSR ist der Oberste Sowjet der UdSSR.
Artikel 31. Der Oberste Sowjet der UdSSR übt alle Recht aus, die der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken gemäß Artikel 14 der Verfassung zustehen, sofern sie nicht auf Grund der Verfassung zur Kompetenz der dem Obersten Sowjet rechenschaftspflichtigen Organe der UdSSR gehören: des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR, des Rates der Volkskommissare der UdSSR und den Volkskommissariaten der UdSSR.